Ingolf Dahl

Ingolf Dahl
Ingolf Dahl (6.9.1912 Hamburg – 7.8.1970 Fruitingen/Bern)
Quelle: Familie Marcus

Bleibt Zürich sicher? - Paul Hindemith und Ingolf Dahl im Schweizer Exil

Gesprächskonzert im Rahmen der Tage des Exils 2023

Montag, 08.05.2023, 20 Uhr, Esther-Bejarano-Saal im Stavenhagenhaus*, Groß Borstel

Eintritt frei
Spenden erwünscht

*der im Programmheft ausgedruckte Veranstaltungsort „Kirche St. Peter“ hat sich geändert

Die ‚Tage des Exils‘ sind eine Veranstaltungsreihe der Körber-Stiftung. Die Zielsetzungen sind, Menschen im Exil eine Plattform zu bieten, eine Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu schlagen und Dialog und Verständigung zwischen Alt- und Neubürger:innen anzuregen, um so zum besseren Zusammenhalt in der Stadt beizutragen. Die diesjährigen Tage des Exils finden vom 11. April bis 12. Mai statt, www.tagedesexils.de.

Ingolf Dahl
Ingolf Dahl (1912-1970)

Die Konzert- und Vortragsveranstaltung findet mit Bedacht am 8. Mai statt. Der Tag vor 78 Jahren, an dem die ganze Welt hoffte, dass nie es wieder Krieg geben würde. Der Tag, den die in Hamburg Groß Borstel wohnende Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano gerne als Feiertag gesehen hätte, und der in Hamburg ein Gedenktag ist. Der Tag, als Deutschland vom Nationalsozialismus befreit wurde und an dem der zweite Weltkrieg zu Ende ging. Die Initiative Marcus und Dahl e.V. wird nicht müde, an den in Hamburg noch immer wenig bekannten Komponisten Ingolf Dahl zu erinnern, der in der Violastraße, der heutigen Köppenstraße in Hamburg Groß Borstel, geboren wurde, auf der Lichtwark-Schule (heute Heinrich Hertz Schule) sein Abitur ablegte und erste große musikalische Erfolge in seiner Geburtsstadt verbuchen konnte (1930 Soloauftritt im großen Saal der Laeiszhalle im Alter von 18 Jahren), bis er 1933 als Sohn eines jüdischen Vaters angewidert von der deutschen Sprache („Ich sehne mich danach, aus meiner Sprache herauszukommen, denn jeder wird mich zu einem dieser hasserfüllten Menschen zählen“) zunächst nach Zürich in die Schweiz floh.

Paul Hindemith
Paul Hindemith (1895-1963)

Dort machte er eine bemerkenswerte Karriere am Opernhaus der Stadt und lernte den schon damals weltberühmten Paul Hindemith kennen, für den er arbeiten durfte. Als dessen erster Assistent begleitete er die Uraufführung der Oper „Mathis der Maler“ und fortan verband die beiden Komponisten eine lebenslange kollegiale Freundschaft. Die braunen Horden waren inzwischen auch in Zürich überall, der „Anschluss“ Österreichs war vollzogen. War man hier noch sicher?

Die erklingenden Klavierstücke zu vier Händen, vorgetragen vom Klavierduo F. Haufe V. Ahmels, sind alle aus dieser brisanten Zeit. Sehr virtuos und orchestral vermitteln sie den damaligen musikalischen Zeitgeist. Hintergrundwissen und auch ganz neu entdeckte Erkenntnisse über beide Komponisten und ihre Beziehung vermittelt in zwei kurzen Vorträgen Dr. Luitgard Schader vom Hindemith Institut Frankfurt, die Einblicke in Archive und in den Nachlass Hindemiths hat, in denen sie ständig Neues und Unbekanntes entdeckt und wissenschaftlich einzuordnen vermag.

Ingolf Dahl verließ 1939 nach einem allerletzten Besuch in seiner Heimatstadt Hamburg Europa und verbrachte den Rest seines Lebens in den USA. Regelmäßige „Sabbaticals“, die ihm als Professor in Los Angeles an der USC (University of Southern California Los Angeles) zustanden, führten ihn in den sechziger Jahren für längere Aufenthalte in die Schweiz, wo er 1970 verstarb. Paul Hindemiths Schicksal ähnelt dem von Thomas Mann: er war einer der führendsten Komponisten Deutschlands, verheiratet mit einer jüdischen Frau und überzeugter Demokrat. Zusätzlich mit Aufführungsverbot belegt (seine Musik galt als „entartet“) reiste er 1940 in die USA aus, verbrachte jedoch seinen Lebensabend in der Schweiz.

Weihnachtskarte von Hindemith an Dahl, 1946/47
Weihnachtskarte von Hindemith an Dahl, 1946/47
Rückseite der Weihnachtskarte
Rückseite der Weihnachtskarte

Das Gesprächskonzert wird von der Initiative Marcus und Dahl e.V. in Kooperation mit dem Hindemith Institut Frankfurt und der Kirchengemeinde St. Peter veranstaltet. Gefördert durch: Bezirk Hamburg-Nord, RISE-Verfügungsfonds Groß Borstel

Kurzfilm "Im Takt und aus dem Takt"

Am 19.10.2020 fand im Ernst Deutsch Theater die Gedenkveranstaltung zum 50. Todestag von Ingolf Dahl statt: „Im Takt und aus dem Takt – eine Collage aus Musik, Farbe, Tanz und Licht“. Wegen der Hygiene-Auflagen aufgrund der Covid19-Pandemie war nur eine begrenzte Anzahl von Zuschauer*innen zugelassen, dennoch war das Haus mit etwa 170 Zuschauer*innen bis auf den letzten Platz besetzt.
Zu Beginn spielte das Klavierduo Friederike Haufe / Volker Ahmels zu Ehren des Komponisten Ingolf Dahl (1912 – 1970) seine beiden Werke für Klavier zu vier Händen „Rondo“ und „Four Intervals“.
In einem kurzen Film illustrierte die Witwe von Gert Marcus (1914-2008), Françoise Ribeyrolles-Marcus, die an diesem Abend anwesend war, das künstlerische Wirken von Gert Marcus, der neben zahlreichen Großskulpturen aus Granit und Marmor auch sehr farbige Skulpturen aus Metall und Glas geschaffen hat. Viele seiner Skulpturen schmücken den öffentlichen Raum. Alle folgen sie dem Grundsatz von Gert Marcus: „Die Form folgt der Farbe“. Die Filmmusik, eine Auftragskomposition vom Zentrum Verfemte Musik der Hochschule für Musik und Theater Rostock (hmt) für den jungen niederländischen Komponisten Martijn Strating, wurde life gespielt von Studierenden der Hochschule für Musik und Theater.
Es schloss sich eine Tanz-Choreographie der schwedischen Kompanie E=mc2 an, angelehnt an ein Werk, das die Kompanie im Jahr 1994 zur Einweihung der Skulpturengruppe „Di-Eder Sequenz“ in Stockholm uraufgeführt hatte.
Den Abschluss bildete die Lichtinstallation „Phainomena“ von Françoise Ribeyrolles-Marcus, Skulpturen aus Licht als ganz persönliche und intime Interpretation der Klangfarben und Farbtöne der Brüder Ingolf Dahl und Gert Marcus.
Am 21.10.20 wurde das Konzert im Goldenen Saal des Neustädtischen Palais in Schwerin erneut aufgeführt und im Livestream bei YouTube übertragen.


Das Buch: „Künstlerkolonie Groß Borstel“

Rezension: Künstlerkolonie Groß Borstel

Einband Buch Künstlerkolonie Groß Borstel
Einband Buch Künstlerkolonie Groß Borstel

Was macht einen Stadtteil lebenswert und liebenswert? Neben vielen Aspekten wie Grün- und Naturflächen, Anbindung durch den öffentlichen Nahverkehr, Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, Friseur und Ärzte gehören die Wertschätzung für die Kultur und die Kulturgeschichte des Stadtteils unbedingt dazu. Und die wird in Groß Borstel großgeschrieben. Als Groß Borstel noch ein Dorf war, ließ sich manch Hamburger Geschäftsmann oder Politiker eine Sommerresidenz an diesem ruhigen Ort errichten. Und zahlreiche Künstlerinnen und Künstler suchten im 19. und 20. Jahrhundert ihre künstlerische Heimat in dieser kleinen Oase. Die Initiative Marcus und Dahl e.V. hat sich nun auf Spurensuche nach verschollenen oder vergessenen Kunstschaffenden begeben und ist fündig geworden: Eine Auswahl von zunächst 12 Persönlichkeiten werden in ihrem Buch „Künstlerkolonie Groß Borstel“ sorgfältig und detailreich porträtiert, darunter so bekannte wie das Künstlerehepaar Hans und Annie Glissmann oder der Dichter Gustav Falke, aber auch eher unbekannte, „vergessene“ wie der Maler Alfred Stendel oder das Künstlerehepaar Paul Storm und Charlotte Storm-West. Die Herausgeber des Buches, Dr. Birgit Pflugmacher und Dr. Hans-Heinrich Nölke sind selber vertreten mit eigenen Texten und haben weitere Autor*innen gefunden, die für die porträtierten Kunstschaffenden ihre Expertise einbringen konnten, so dass das Buch abwechslungsreich und spannend zu lesen ist. Zahlreiche Fotos aus privaten Beständen illustrieren das Leben der Künstler*innen, die 44 farbigen und 66 schwarz-weißen, teilweise großformatigen Abbildungen der Kunstwerke bieten einen hervorragenden Eindruck von den Werken. Dem Künstler Gert Marcus – dessen Farbtheorie und künstlerisches Wirken Hans-Heinrich Nölke sehr anschaulich darstellt - wird als „Löwe mit Samtpfoten“ von seiner Ehefrau, Françoise Ribeyrolles-Marcus ein liebevolles Denkmal gesetzt. Und da auch die Lebenswege der Malerin Elisabeth Büttner, an die auf dem Friedhof Ohlsdorf ein Gedenkstein im Garten der Frauen erinnert, des Komponisten Ingolf Dahl, älterer Bruder von Gert Marcus, des Dichters Fritz Stavenhagen, Namensgeber des Stavenhagenhauses in der Frustbergstraße, des Malers Heinrich Rode und des Malers, Fotografen und Dokumentarfilmers Alfred Ehrhardt mit derselben großen Sorgfalt nachgezeichnet sind, bestätigt sich mit diesem Buch, was als leitendes Motiv über der Arbeit der Initiative Marcus und Dahl e.V. steht: „Künstlerinnen und Künstler können einen Stadtteil beleben, begeistern, provozieren, zu Diskussionen anregen und Bewusstsein schaffen“.

Wolf Lüders

Inhaltsverzeichnis und Leseprobe

Nachlese: Flucht ins Ungewisse – Videos

Die Videos wurden auf der beeindruckenden Ausstellung „Flucht ins Ungewisse“ im Herbst in der Rathausdiele präsentiert. Diese Ausstellung zeigte die Biographien von 22 Hamburger Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Kultur, die vor den Nationalsozialisten ins Exil flüchten mussten.

Gert Marcus, Ausstellung 30 Jahre Weichmann-Stiftung

Ingolf Dahl, Ausstellung 30 Jahre Weichmann-Stiftung

Nachlese: Lost and Found – Ein kammermusikalisches Gesprächskonzert

In einem häufig zitierten Wahlspruch der Initiative Marcus und Dahl e.V. heißt es: „Künstlerinnen und Künstler können einen Stadtteil beleben, begeistern, provozieren, zu Diskussionen anregen und Bewusstsein schaffen“.
Was am Montagabend, 18.11.19 im Stavenhagenhaus zu hören und zu sehen war, bestätigte voll und ganz diese Erkenntnis. Einzig die Provokation fehlte – und wurde natürlich auch nicht vermisst.

Jens Hüttmann, stellvertretender Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg, die neben der Herbert und Elsbeth Weichmann Stiftung und dem Bezirksamt Nord Hauptförderer des Konzertes war, sprach in seinem Grußwort von der Notwendigkeit, gerade in der heutigen Zeit, die in Europa stark von der Diskussion geprägt sei, Menschen aus anderen Ländern nicht ihrem Schicksal zu überlassen, sondern Exil zu bieten, die Erinnerungskultur zu stärken. Dafür sei historische Bildung besonders wichtig und die Erinnerung an die Exilierten und Ermordeten von großer Bedeutung.

Anlässlich des 100. Geburtstages des niederländischen Komponisten und Musikers Dick Kattenburg, der mit nur 24 Jahren 1944 in Auschwitz von den Nazis ermordet wurde, kamen 7 seiner Kompositionen zur Aufführung, die teilweise erst vor wenigen Jahren von seiner Nichte, Joyce Bergmann-van Hessen, auf dem Dachboden ihres Elternhauses gefunden worden waren. Und diese Musik und ihre Interpreten konnten begeistern: Ob es die „Deux Valses à la Ravel“ waren, die „Flirtations“ oder die „Sonate for fluit en piano, Op. 5“, das Groß Borsteler Klavierduo Friederike Haufe und Volker Ahmels und die Flötistin Eleonore Pameijer erweckten die Musik Kattenburgs zum Leben, eine Musik mit vielen jazzigen Elementen und Anspielungen, modern, beschwingt und gut anzuhören. Nur etwa 30 Kompositionen von Kattenburg sind überliefert, aber bis auf eine wurden sie zu seinen Lebzeiten nie aufgeführt. Bevor Dick Kattenburgs Karriere beginnen konnte, wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft während einer Razzia in einem Kino verhaftet und kurze Zeit darauf ermordet. Mit großem Interesse und Anteilnahme verfolgten die Zuhörer und Zuhörerinnen das Gespräch mit Joyce Bergmann-van Hessen und der Flötistin Eleonore Pameijer und erfuhren, wie eine damalige Bekannte von Dick Kattenburg, die den Holocaust überlebt hatte, reagierte, als sie vor etwa 10 Jahren die Sonate für Flöte und Piano zum ersten Mal hörte und ihr gewahr wurde, dass diese Sonate als musikalischer Liebesbrief gemeint war. Eleonore Pameijer hat in Holland die „Leo Smit Stiftung“ gegründet. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, verfemte und verbotene Musik wieder hörbar zu machen, und den verfolgten, ermordeten oder ins Exil gegangenen Musikern und Komponisten ihren Platz in der Geschichte zurückzugeben. Damit verfolgt die Stiftung die gleichen Ziele wie das Zentrum für Verfemte Musik an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, das von Volker Ahmels geleitet wird.

In wunderbarer Ergänzung zur Musik Kattenburgs kamen drei Werke von Ingolf Dahl zur Aufführung, darunter zum ersten Mal in Hamburg die „Serenade for Four Flutes“ aus dem Jahr 1960. Neben Eleonore Pameijer spielten die Flötistinnen Wiebke Bohnsack, Ulrike Beißenhirtz und Lucia Höhmann mit viel Freude am Spiel, Präzision und Hingabe und mit einem kleinen Augenzwinkern, denn diese Serenade entstand in einer Phase, als Ingolf Dahl eigentlich mit der Komposition einer Kammersinfonie beschäftigt war, die ihm aber nicht so leicht auf das Notenblatt kam.
Die beiden anderen Werke Dahls waren Stücke für vierhändiges Piano, die von Volker Ahmels und Friederike Haufe interpretiert wurden. Hohe Perfektion und große Empathie für den Komponisten und die Musik, die sie interpretieren, kennzeichnen ihre Spielweise. Auch hier gab es eine Hamburger Erstaufführung, die mit einer interessanten Anekdote eingeleitet wurde: Das „Rondo für vier Hände“ hat Dahl 1938, damals noch in Zürich, unter dem Namen Ingolf Marcus begonnen und erst 1939 im amerikanischen Exil unter dem Namen Ingolf Dahl zu Ende geschrieben. In Amerika nahm er den Namen seiner schwedischen Mutter an und verweigerte fortan die Verwendung der deutschen Sprache.

Zum Schluss dieses an besonderen Momenten überaus reichen Konzertes gab es einen weiteren Höhepunkt: Das Klavierstück für vier Hände „Tap Dance – Stepptanz“ aus dem Jahr 1936 von Dick Kattenburg wurde von dem Musiker und Tänzer Tonio Geugelin live auf der kleinen improvisierten Bühne vor dem Piano getanzt. Ein fröhliches und furios getanztes Finale! Der Applaus für alle Künstler, Künstlerinnen und Mitwirkenden war lang anhaltend und verdient.

Wolf Lüders

Flucht ins Ungewisse

Dr. Nölke bedankt sich bei Susanne Wittek für die gelungene Gestaltung der Ausstellung
Dr. Nölke bedankt sich bei Susanne Wittek für die gelungene Gestaltung der Ausstellung
Dr. Nölke bedankt sich bei Susanne Wittek für die gelungene Gestaltung der Ausstellung
Fotos: Claudia Höhne

Eine großartige Ausstellung ist seit Montag, 11.11.2019, im Hamburger Rathaus zu sehen: Unter dem Titel „Flucht ins Ungewisse“ werden 22 Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft und Politik portraitiert, die während des Nationalsozialismus aus Hamburg ins Exil fliehen mussten. 22 Biographien, die stellvertretend für die Biographien von bis zu 10.000 Männern, Frauen und Kindern stehen, die zwischen 1933 und 1945 ins Ausland flüchten mussten.

Für uns in Groß Borstel ist von besonderer Bedeutung, dass auch die Lebenswege der beiden Künstler Gert Marcus und Ingolf Dahl nachgezeichnet werden. Der Bildhauer und Maler Gert Marcus (1914 – 2008) stammte wie sein Bruder, der Komponist Ingolf Dahl (1912 – 1970), aus einer gebildeten Familie des jüdischen Bürgertums in Groß Borstel. Gert Marcus musste seine Ausbildung an der Lichtwarkschule 1933 abbrechen und emigrierte ins Heimatland seiner Mutter, nach Schweden. Ingolf Dahl verließ Hamburg aus gesundheitlichen Gründen und um dem Antisemitismus in Deutschland auszuweichen schon 1932 und ging nach Zürich, bevor er 1939 in die USA emigrierte. Das Leben und Schaffen beider Künstler wird seit 2015 von der Initiative Marcus und Dahl e.V. aus dem Vergessen hervorgeholt; insofern ist es ein erfreulicher Erfolg unserer bisherigen Arbeit, dass ihr Wirken jetzt an so prominenter Stelle gewürdigt wird.

Die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Carola Veit, erinnerte in ihrer Eröffnungsrede für die Ausstellung „an das Schicksal und Wirken der Menschen, die während der NS-Zeit aus ihrer Heimatstadt Hamburg fliehen mussten. Ihre ganz persönlichen Geschichten halten die Mahnung wach, dass unsere historische Verantwortung nicht abläuft, sondern immer währt (…) Angesichts der vielen Menschen, die auch heute in unserer Stadt im Exil leben, weil sie vor Hunger, Verfolgung und Krieg geflohen sind, ist die Ausstellung eine Aufforderung, Hass und Intoleranz etwas entgegenzustellen, nämlich Solidarität, Empathie und Demokratie.“
Die Rede ist nachzulesen unter: https://www.hamburgische-buergerschaft.de/nachrichten/13195180/exil-ausstellung/.

Die Ausstellung im Erdgeschoss des Rathauses ist als Kooperationsprojekt von der Körber-Stiftung, der Hamburger Bürgerschaft und der „Herbert und Elsbeth Weichmann-Stiftung“ entstanden, die damit ihr 30-jähriges Bestehen feiert.

Ich kann einen Besuch dieser Ausstellung sehr empfehlen, allerdings ist etwas Eile geboten: Die Ausstellung in der Rathausdiele ist nur bis zum 26. November zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 7 bis 19 Uhr, Sonnabend: 10 bis 18 Uhr, Sonntag: 10 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Wolf Lüders


Plakat Flucht ins Ungewisse

Weitere Informationen zur Ausstellung unter:
https://www.koerber-stiftung.de/exil und http://www.weichmann-stiftung.de/

Nachlese: Lesung Ingolf Dahl 13.5.2019

Die Klarinettistin Melina Paetzold hat ihr im April 2019 erschienenes Buch „Ingolf Dahl – Biografie eines musikalischen Wanderers“ im Stavenhagenhaus vorgestellt. Die Autorin hat aufwändig recherchiert und lässt den Leser miterleben, was es bedeutet, als politisch Verfolgter seine Heimat zu verlassen, ja sogar seine deutsche Abstammung zu verheimlichen, um in der Fremde eine neue Zuflucht zu finden.

Nachlese Lesung Ingolf Dahl 13.5.2019

In Zusammenarbeit mit Volker Ahmels und der Hochschule für Musik und Theater Rostock wurde Anfang 2018 die CD „Intervals“ mit Werken von Ingolf Dahl produziert

CD Cover Intervals
MKH Medienkontor Hamburg LC 10129,
ISMN 979-0-700167-50-9, B-Nr. MKH 171111, Preis 14,80 €

Der Komponist, Dirigent und Pianist Ingolf Dahl (1912–1970) floh auf Grund seiner jüdischen Abstammung und der damit gegebenen Bedrohung durch die Nationalsozialisten zunächst in die Schweiz, wo er am Stadttheater Zürich zum Assistenzdirigenten avancierte, 1939 dann weiter in die USA nach Los Angeles.

Regelmäßig konzertierte er als Pianist und Dirigent, war Lehrer an der University of Southern California (USC) sowie am Berkshire Music Center in Tanglewood. Er war Assistent Igor Strawinskys, übersetzte Arnold Schönbergs „Pierrot Lunaire“ und spielte Kammermusik mit Benny Goodman. Auch seine Kompositionen erlangten große Anerkennung.

„Herrn Dahls Tonsprache ist natürlich, prägnant, kompakt und vollständig zeitgenössisch, aber nie harte oder selbstbewusste Avantgarde. Er löst die Probleme eines modernen Komponisten brillant, ohne sich untreu zu werden und schreibt nur die Noten, die ihm für seine Zwecke dienen und keine aus Modegründen“, so der bekannte Musikkritiker und Komponist Walter Arlen.

„Die auf dieser CD ausgewählten interpretierte Kammermusik sowie die „Sonata Pastorale“ für Klavier solo sind alle in den USA entstanden. Dennoch umfassen sie drei der vier Kompositionsphasen seiner Schaffenszeit.

Dahl ging bei all seinen Werken von der Form des Stückes aus. Beim Skizzieren einer Komposition legte er zuerst den Charakter, die Proportionen und den groben formalen Aufbau fest. Er liebte es, traditionelle Formen neu zu interpretieren, indem er ganz unterschiedliche Elemente miteinander verschmolz.

Zu hören sind:

  • Concerto a Tre for Clarinet for Violin and Violoncello (1947),
  • Sonata Pastorale (für Klavier, 1959),
  • Four Intervals arranged for Piano Four-Hands (1967, rev. 1969),
  • Sonata da Camera for Clarinet and Piano (1967, rev.1970),
  • Five Duets for clarinets (1970).

Hörproben finden Sie unter:
https://www.medien-kontor-hamburg.de/cds/cd_ingolf_dahl.php

Weitere Informationen

Haufe, Fr./Ahmels, V.: „Ingolf Dahl. Komponist, Dirigent, Lehrer und Pianist“, in: Groß Borsteler Bote, 98.Jg., Mai 2016, S. 6ff.

Matthes-Walk, T.: Ingolf Dahl und Gert Marcus im Rahmen der „Tage des Exils“ im Stavenhagenhaus, in: Groß Borsteler Bote, 98.Jg., Juli/August 2016, S. 8ff.

o. V.: Aus dem Schatten ans Licht. „Zur Erinnerung an Ingolf Dahl“, in: Groß Borsteler Boten, 99.Jg., Januar 2017, S. 14f.

Matthes-Walk, T.: Aus dem Schatten ans Licht – Zur Erinnerung an Ingolf Dahl, in: Groß Borsteler Bote, 99.Jg., März 2017, S. 14f.

Nölke, H.-H.: „Der Ochse auf dem Dach und andere Verbote …“ -Jubiläumskonzert im Rahmen der diesjährigen Tage des Exils im Stavenhagenhaus, in: Groß Borsteler Bote, 99.Jg., September 2017, S. 17ff.